Erstmals nach der Corona-Pandemie sind wieder Lehrkräfte aller Schulformen und Fächerkombinationen am Mittwoch, 6. Dezember, zum Lehrkräfteforum der Landeskirche Hannovers eingeladen – das Motto: „Baustelle Frieden“. Im Interview erklärt Dr. Kerstin Gäfgen-Track, welche Themen im Vordergrund stehen werden. Die Oberlandeskirchenrätin leitet die Bildungsabteilung im Landeskirchenamt.
Frau Gäfgen-Track, das Thema „Baustelle Frieden“ des Lehrkräfteforums könnte aktueller nicht sein. Wie sehr bestimmt das Thema gegenwärtig den Schulalltag?
Gäfgen-Track: Viele Schülerinnen und Schüler sind täglich mit Nachrichten über Krieg, über Tote und Verletzte, über Angriffe und Raketenbeschuss konfrontiert. Natürlich wühlt sie das auf. Das gilt für den aktuellen Nahostkonflikt genauso wie für den nun schon rund 20 Monate andauernden Ukrainekrieg und all die anderen Krisenherde unserer Welt. Hinzu kommt: Die Schulen werden von vielen Kindern und Jugendlichen besucht, die selbst in den vergangenen Jahren aus (Bürger-)Kriegsgebieten geflohen sind und für die sich die aktuellen Ereignisse mit ihren eigenen, oft traumatischen Erfahrungen vermischen. Das Thema bestimmt den Schulalltag aktuell also sehr.
Angesichts des Nahostkonflikts wird auch in Deutschland der Antisemitismus wieder sichtbar. Welche Rolle können und müssen Lehrkräfte hier spielen?
Gäfgen-Track: Bei allen Krisen spielen die Sozialen Medien eine große Rolle, in denen oft nicht sofort erkennbar ist, wer da was sagt, mit welchem Interesse und vor allem, was davon fake news sind. Hier sind Lehrkräfte gefragt. Schülerinnen und Schüler brauchen Menschen, mit denen sie offen über das reden können, was sie hören oder sehen. Da können auch antisemitische ebenso wie antimuslimische Äußerungen dabei sein. Es ist wichtig, im Unterricht darüber ins Gespräch zu kommen und zu klären: Was ist eigentlich „antisemitisch“ oder „antimuslimisch“ und warum? Welche Belastungen sind mit manchen gedankenlos dahin gesagten Vorurteilen verbunden? Welche Wunden werden damit gerissen? Ebenso schwierig sind die Fragen nach einem „Recht“ auf Selbstverteidigung und der Verhältnismäßigkeit der Mittel im Krieg: Das sind zentrale Themen angesichts des durch nichts zu rechtfertigenden Terrors der Hamas an 10/7 und der israelischen Kriegsführung gegen die Hamas. Der Nahostkonflikt hat harte Konfliktlinien, bittere Erfahrungen, sehr viele Opfer. Schülerinnen und Schüler brauchen einen Raum für ihre Fragen – und nachvollziehbare Antworten.
Das Lehrkräfteforum soll auch ein Ort des Austausches und der gegenseitigen Stärkung sein. Wie kann das in diesen Krisenzeiten gelingen?
Gäfgen-Track: Am 6. Dezember laden wir Lehrkräfte aller Schulformen, Fächerkombinationen, Konfessionen und Religionen für einen Tag ins HCC nach Hannover ein. Unser Programm bietet genau das: Austausch und Stärkung. Wir haben auf fünf Bühnen und für mehr als 20 Workshops zum Thema prominente Referentinnen und Referenten gewonnen, unter anderem Landesbischof Ralf Meister, Kultusministerin Julia Willie Hamburg und die EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich, mit denen die Teilnehmenden inhaltlich ins Gespräch kommen können. Wir bieten zugleich Gelegenheiten zum Atemholen, für spirituelle Erfahrungen und zur gegenseitigen Stärkung: durch eine Andacht, einen Raum der Stille, gemeinsame Mahlzeiten oder die Gelegenheiten zum Gespräch bei einer Tasse Kaffee. Das Vorbereitungsteam hat ein großartiges Programm auf die Beine gestellt mit neuen Impulsen zur „Baustelle Frieden“.
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