„Wir wollen die Perspektive der Schüler*innen stärken“

RPI-Rektorin Silke Leonhard blickt mit Spannung auf die nächste Phase einer Studie zum evangelischen Religionsunterricht

Schon seit 2019 läuft die sogenannte QUIRU-Studie; die Abkürzung steht für „Qualität und Qualitätsentwicklung im evangelischen Religionsunterricht“. Ziel der Studie ist es, die Stellung des Religionsunterrichts in der Öffentlichkeit zu stärken und den Lehrkräften neue Impulse für ihre Praxis zu geben. Dazu wurden bisher Religionslehrkräfte aus ganz Deutschland und auch aus Niedersachsen befragt. In einer weiteren Phase der Studie rückten die Schüler*innen in den Blick. Silke Leonhard, Rektorin des Religionspädagogischen Instituts Loccum (RPI), verrät im Interview, was diese Umfrage so besonders macht, was sie persönlich sich von den Ergebnissen erhofft – und was für Lehrkräfte wichtig ist, die jetzt mitmachen wollen.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich als Rektorin des RPI von der QUIRU-Studie?

Silke Leonhard: Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass wir endlich in Niedersachsen wieder eine Umfrage haben, die auch die Haltung und Kompetenz von Schüler*innen erfragt, denn so bekommen wir einen Einblick und Überblick, wie Religionsunterricht aus der Perspektive von Schüler*innen läuft. Damit wird auch die Schüler*innenorientierung des Religionsunterrichts gestärkt. Die QUIRU-Erhebung legt den Fokus auf drei Bereiche: Wissen, Verstehen, Perspektivenübernahme. Sie fragt dabei danach, inwiefern Schüler*innen sich selbst als religiös verstehen und welchen Wissensstand sie haben. Und an exemplarischen Beispielen sehen wir auch, wie Schüler*innen dazu in der Lage sind, religionsbezogene Perspektiven einzunehmen. So geht es im Grundschulfragebogen zum Beispiel darum, wie die Schüler*innen den wissenschaftlichen und den religiösen Zugang zur Frage der Weltentstehung zueinander in Beziehung setzen können.

Übrigens ist QUIRU weder allein eine niedersächsische noch eine kirchlich gelenkte Studie, sondern wird initiiert von der Universität Tübingen und liefert wissensbasierte Daten über den Religionsunterricht in unterschiedlichen Bundesländern. Damit können wir dann ländergebunden weiterarbeiten und unseren Unterricht hier in Niedersachsen weiterentwickeln und fördern.

Es soll besonders der evangelische Religionsunterricht untersucht werden. Was bedeutet das mit Blick auf den in Niedersachsen geplanten Christlichen Religionsunterricht (CRU) in gemeinsamer Verantwortung der evangelischen und katholischen Kirche?

Silke Leonhard: Was den Blick auf einen zukünftigen CRU angeht, konnten wir ja schon bis hierher feststellen: Es gibt sehr viele Ähnlichkeiten zwischen evangelischem und katholischem Religionsunterricht. Wir öffnen uns, natürlich von einem bestimmten Standpunkt aus, immer mehr für die andere Konfession. Die Strukturen des konfessionell-kooperativen Unterrichts haben diese Öffnung vorbereitet. Ich bin deshalb überzeugt davon, dass die Erkenntnisse, die wir aus dieser QUIRU-Studie gewinnen, auch in das Weiterdenken und die Entwicklung des CRU einfließen.

Wenn ich mir als Lehrkraft überlege, dabei mitzumachen: Was kommt denn an Arbeitsaufwand auf mich zu?

Silke Leonhard: Die Studie ist so konzipiert, dass sie für Lehrkräfte möglichst niedrigschwellig ist. Die Schüler*innen nehmen während des Unterrichts an der Umfrage teil, das dauert ca. 45 Minuten. Und die organisatorische Vor- und Nachbereitung hält sich sehr in Grenzen.

Was mir persönlich noch wichtig ist: Die Befragung läuft natürlich anonym. Es geht weder darum, die teilnehmenden Schüler*innen zu bewerten, noch sollen die Lehrkräfte von ihnen bewertet werden. Das ist keine Prüfung, für keine*n der Beteiligten. Sondern hier liegt eine Chance herauszufinden, welche Haltung die Schüler*innen in Bezug auf das Fach Religion mitbringen.

Was habe ich als Lehrkraft davon, an dieser Umfrage teilzunehmen?

Silke Leonhard: Wir erleben, dass der Religionsunterricht ein besonders angefochtenes Fach ist. Lehrkräfte geraten immer wieder in die Situation, gerade diesen Unterricht verteidigen zu müssen, vor Schüler*innen, Eltern oder dem Kollegium. Wir wollen sie mithilfe dieser Studie darin unterstützen, gut für das Fach Religion einstehen zu können.

Die Fragen stellte Michaela Veit-Engelmann, Öffentlichkeitsbeauftragte des RPI Loccum